ICE fahren kann Spaß machen

ICE fahren ist ja meist nicht so spannend. Der Zug kommt spät, fährt schnell und ist voller Anzugheinis. Doch nicht dieser. Der ICE 622 von Nürnberg ins schöne Kölle am Rhing hatte nur 5 min Verspätung (was in der in der ICE Welt keine Verspätung ist). Als wir einstiegen begrüßte uns Biergeruch und lauter Männergesang (Um mal kurz abzuschweifen: für mich eine sehr deutsche Sache, lauter und falscher Chorgesang aus gut benetzten Männerkehlen).
Aber zurück zum Thema: Bier, Männer und Gesang im ICE. Find ich ja gut. Einigermaßen singen konnten sie sogar auch. Zumindest am Anfang, später ließ die Qualität und vor allem die Textsicherheit dann doch ein bisschen nach. Auf einem unserer Plätze saß ein etwas punkiger, etwas angepisst wirkender Typ der nicht aufstehen wollte. War ja auch egal, war ja genügend frei, also drohten wir nur ihn notfalls wegzutragen und passten unsere Sitzordnung an die Situation an. Er grinste. Wir dann auch.

Die fröhlichen Männer sangen immer noch. Erst dachte ich, es wären Österreicher, aber nach vermehrten "Supa-Bayan, hoi, hoi, hoi"-Rufen war die geografische Zuordnung dann ziemlich klar. Unser Nachbar wirkte nicht mehr etwas angepisst sondern eher amüsiert und meinte er müsse mal auf Klo. Auf dem Rückweg wurde er dann von den Supa-Bayan mithilfe von Bier rekrutiert.
Die Party-Stimmung im ICE stieg. Ein paar Anzugheinis flüchteten. Die Supa-Bayan fingen an Volksmusik zu hören und zu pfeifen. Die ältere Dame im Vierer gegenüber erhob sich. "Jetzt geht's ab" - dachte ich (ich finde das ja immer dezent lustig, wenn Leute unterschiedliche Vorstellungen von lustigen Bahnfahrten haben und deshalb aneinander geraten). Doch sie rief nur freundlich "Ihr könnts ja feian, aba lassts des Pfeife sei, desch mir a weng z' laut". Die Supa-Bayan versprachen hoch und heilig nicht mehr zu pfeifen. Mächten sie auch. Ein Supa-Baya, ein Wort. Für eine Weile waren sie auch ein wenig verunsichert, bis die Dame ihnen versicherte, Gesang wäre kein Problem. 

Nach einer Weile gesellten sich die ersten zu der Dame und bedankten sich für ihre Toleranz gegenüber feiernden Supa-Bayan. Die Dame bekam eine handgestrickte Strickjacke (mei Mutta hat a Wollgschäft) weil es ihr kalt war und ein alkoholfreies Weizen (in Glas  sehr stilvoll!). Die Dame ihrerseits versorgte die Supa-Bayan mit Bachblüten-Essenz damit diese länger durchhalten könnten. Vielleicht unwirksam, aber auf jeden Fall sehr nett von ihr.

Unser Sitznachbar war immer noch drüben. Die Supa-Bayan wollten jedoch weiter expandieren und kamen zu uns. Aus dem Allgäu kämen sie. Aus dem Unter- UND dem Oberallgäu, odr? Und anscheinend hängt man im Oberallgäu ein "odr" an alle Sätze, odr? Auch wenn es keine Frage ist, odr? Aber die Sauerländer unter uns verstehen das sicher, woll?

In Kürze hatte ich auch ein Bier und belehrte die Jungs, dass man nicht nach Düsseldorf fährt. Dorthin waren sie nämlich unterwegs, weil einer von ihnen heiratete (ich belehrte sie auch, dass man nicht heiratet, aber das stieß dann eher auf Unverständnis). Sie versprachen dies das nächste Mal auch zu tun. Zu Karneval. Aber nur, wenn ich zum Almabtrieb käme. Ich versprach es und bekam noch ein Bier.

Mittlerweile hatte fast de ganze ICE ein Bier oder hatte sich humorlos verpisst (Anzugheinis...). Leider kam ich schon so langsam in den Dunstkreis von Köln. Ich rief Herrn Analphase an um zu sagen, dass ich später anrufen würde (so sinnvoll kann nur ich sein). Er war etwas verwirrt über die Party im Hintergrund und die Supa-Bayan, die mich nicht telefonieren ließen und fröhlich gröhlten. Neidisch war er sicher auch. So eine lustige ICE fahrt hat ja nicht jeder.

Leider musste ich dann doch irgendwann raus. Also exte ich mein Bier und wurde mit einem lauten "Vierti" verabschiedet. So könnte es eigentlich immer sein im ICE.


Jetzt muss ich nur noch zum Almabtrieb. Einfach generell zum Almabtrieb, weil natürlich habe ich mir nicht gemerkt von welcher Alm diese spezifischen Supa-Bayan abgetrieben wurden. Aber man ist ja flexibel.

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